Kennzahlen-Systeme!
1) Bedeutung von Kennzahlensystemen
Einzelne Kennzahlen reichen bei vielen Sachverhalten in Unternehmen nicht aus, um diese genau beurteilen zu können. Es ist daher sinnvoll, mehrere Kennzahlen zu benutzen. Für eine genaue Unternehmensanalyse ist ein großer Berg von Kennzahlen jedoch nicht besonders hilfreich. Das kann die Gefahr birgen, dass der jeweilige Nutzer beliebige Kennzahlen und Interpretation wählt, die seinen Zielen am besten entsprechen. Daher ist eine gewisse Systematik erforderlich.
2) allgemeine Begriffserklärung
„Ein Kennzahlensystem ist eine geordnete Gesamtheit von Kennzahlen, die in einer Beziehung zueinander stehen und so als Gesamtheit über einen Sachverhalt vollständig informieren.“ Es wird in eindimensionale, mehrdimensionale und Partialansätze unterschieden.
Eindimensionale Systeme zeichnen sich durch eine rein monetär orientierte Spitzenkennzahl aus. Als Beispiel sind das DuPont-System mit dem Return on Investment (ROI) als Erfolgsziel und der Shareholder-Value Ansatz zu erwähnen.
Mehrdimensionale Systeme zeichnen sich durch monetäre als auch nicht-monetäre Spitzenkennzahlen aus. Hierzu zählen unter anderem das Tableu de Bord und Balanced Scorecard. Mithilfe von Partialansätzen wird die Leistung einer Unternehmung im eingeschränkten Sinne beurteilt. Dazu gehören zum Beispiel das Target Costing und das Benchmarking. Außerdem wird in Ordnungssysteme und Rechensysteme unterschieden. In Ordnungssystemen werden die Kennzahlen bestimmten Sachverhalten zugeordnet. Bei Rechensystemen werden die Kennzahlen rechnerisch zerlegt und bilden einen hierarchischen Aufbau.
3) verbreitete Kennzahlensysteme
DuPont (ROI-Baum)
Das wohl älteste Kennzahlensystem wurde von E.I. DuPont de Nemours and Company entwickelt und schon seit 1919 angewendet. Der ROI-Baum ist der Prototyp für die Bildung anderem Kennzahlen-systeme und wird deshalb oft als Inbegriff eines Kennzahlensystems angesehen. Hier ist nicht Gewinnmaximierung, sondern Gesamtrentabilität als Unternehmensziel anzustreben. Diese lässt sich in Kapitalumschlag und Umsatzrentabiltät aufspalten. Eine Auflösung der Umsatzrentabilität zeigt die verschiedenen Kosteneinflußfaktoren. Eine Auflösung des Kapitalumschlags gibt Aufschluss über das Anlage- und Umlaufvermögen. Wird nun die oberste Zielgröße rechnerisch aufgelöst, kann eine systematische Analyse des Gewinns vorgenommen werden.
Vorteile:
- langfristiger Vergleich der Teilbereichsleistungen erlaubt
- Anwendung für dezentrale Unternehmen
- Rentabilitätsziel in Vordergrund gestellt
- Einzelnen Bereichsleitern wird viel Freiraum gewährt (gem. „Management by Objectives“)
Nachteile:
- Bereichsorientierte ROI-Zahlen können zu Suboptima führen
- Monozielausrichtung
ZVEI
Das ZVEI- Kennzahlensystem wurde vom Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie e.V. (ZVEI) 1989 entwickelt ist branchenneutral (88 Haupt- und 122 Hilfskennzahlen). Es ist ähnlich dem DuPont-System, verwendet jedoch zwei Analysestufen: Wachstums- und Strukturanalyse. Analysefunktion und Steuerungsfunktion bilden die Hauptfunktion des Systems. Spitzkennzahl hier hingegen ist die Eigenkapitalrentabilität.
Mit der Wachstumsanalyse werden Geschäftsvolumen, Personal und Erfolg beurteilt. Es gibt neun Kennzahlen: Auftragsbestand, Cash Flow, Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT), Personalaufwand, Wertschöpfung und Mitarbeiter. Die Kennzahlen sind also Jahresabschlussgrößen orientiert.
Die Strukturanalyse ist dagegen auf eine Periode bezogen. Es handelt sich hierbei um ein hierarchisch gegliedertes, mathematisch verknüpftes Kennzahlensystem mit der Spitzenkennzahl Eigenkapitalrentabilität. Analog zum DuPont-System wird also auch hier die Spitzenkennzahl in ihre Elemente aufgespaltet und Ursache/ Wirkungszusammenhänge werden aufgezeigt. Das gelingt hier, durch die weitgehende Differenzierung der Kennzahlen, besser als bei DuPont.
Vorteile:
- wesentliche Weiterentwicklung gegenüber dem Du-Pont-System durch Einbezug der Wachstumsanalyse
- Rentabilitäts- und Liquiditätsgesichtspunkte werden berücksichtigt
Nachteile:
- Vielzahl an Kennzahlen
- schwierige Abgrenzung zwischen Ertragskraft- und Risikokennzahlen des Typs B (durch Bildung der Inversen kann eine Risiko- in eine Ertragskraftkennzahl und umgekehrt überführt werden)
- schlechte Überschaubarkeit dadurch Einschränkung der Handhabung in der Praxis
- Berücksichtigung von nur einem Unternehmensziel
RL
Hierbei handelt es sich um ein von Reichmann und Lachnit entworfenes Kennzahlensystem, das direkt für den Controlling Bereich entwickelt wurde. Zentrale Kennzahlen sind hierbei Erfolg und Liquidität. Es besteht aus dem allgemeinen Teil und aus dem Sonderteil. Der allgemeine Teil ist unternehmens-übergreifend aufgebaut. Somit ist er bestens für zwischenbetriebliche Vergleiche geeignet.
Im Sonderteil werden unternehmensspezifische Besonderheiten zur vertiefenden Analyse berücksichtigt. Die wichtigste Erfolgsgröße ist im RL-System das ordentliche Ergebnis. Es lässt sich in das neutrale Ergebnis und das Betriebsergebnis zerlegen. Im Sonderteil wird das Betriebsergebnis dann weiter analysiert. Ein erheblicher Vorteil des RL-Systems ist, dass es nicht ausschließlich auf die Ergebniszielsetzung ausgerichtet ist, sondern die Liquiditätszielsetzung mit integriert. Durch die wenigen rechentechnischen Verknüpfungen lässt sich das System an die individuellen Informationsbedürfnisse des Unternehmens anpassen, indem spezifische Kennzahlen integriert werden.
Vorteile:
- wenig Kennzahlen
- einfache Handhabung
- Flexibilität durch Sonderteil, hilfreich bei Lösungen durch unternehmensbezogenen Problemen
Nachteile:
- fehlende mathematische Verknüpfung (Veränderung einer Kennzahl lässt keine Auswirkung auf andere Kennzahl erkennen)
- angestrebter Zielpluralismus nur auf ökonomische Ziele begrenzt (z.B. Mitarbeiterzufriedenheit spielt keine Rolle)